Geht es um die größten Schweizer Unternehmen, denken viele sicher zunächst an Banken. Die Traditionshäuser sind auch ein enorm wichtiges Rückgrat der Wirtschaft des Landes. Die Finanzbranche ist aber längst nicht so dominant, wie es Beobachtern von außen erscheinen könnte.
Längst ist die Schweiz auch zu einem wichtigen Pflaster für Handels- und Logistikkonzerne geworden. Die meisten Mitarbeiter sind aber einem Traditionskonzern beschäftigt, der nicht nur das größte Industrieunternehmen der Schweiz, sondern auch der weltgrößte Nahrungsmittelkonzern ist. Es handelt sich, klar, um Nestlé.
In den 1860er-Jahren gegründet, startete Nestlé Hersteller von löslichem Milchpulver. Dieses kam insbesondere als Muttermilchersatz für Säuglinge zum Einsatz. Gründer war übrigens ein in Frankfurt am Main geborener Apotheker namens Heinrich Nestle, später Henri Nestlé.
Nicht einmal ein Jahrzehnt nach der Gründung, Nestlé produzierte schon über eine Million Dosen und verkaufte in 18 Ländern auf fünf Kontinenten, verkaufte Henri Nestlé die Firma und zog. Unzählige Übernahmen, u. a. aus den Bereichen Süßwaren, Nahrungsmittel, Tierfutter und Getränke, später hat Nestlé aktuell einen Umsatz über 90 Milliarden Dollar.
Auch bei Glencore International handelt es sich um einen Weltmarktführer – und zwar im Bereich Rohstoffhandel (Metalle, Öl, Agrarprodukte). Das 1974 von Marc Rich als Marc Rich + Co AG gegründete Unternehmen firmiert erst seit dessen Ausscheiden 1994 als Glencore (Global Energy Commodity and Resources).
Bis zum Börsengang 2011 befand sich das Unternehmen komplett in der Hand des Managements und von Mitarbeitern in Schlüsselpositionen. Der Konzern gilt mit einem Anteil von 0,38 Prozent an den weltweit industriell erzeugten Treibhausgasemissionen übrigens als einer der größten Verursacher des Klimawandels.
Im Februar 1988 fusionierten das schwedische Unternehmen ASEA und der schweizerische Konzern BBC zum schwedisch-schweizerischen Energie- und Automatisierungstechnikkonzern ABB (Asea Brown Boveri). Unterteilt sind die geschäftlichen Aktivitäten in die Bereiche Elektrifizierung, Industrieautomation, Antriebstechnik sowie Robotik und Fertigungsautomation.
Der schweizerische Teil des fusionierten ABB-Konzerns entstand schon 1891. BBC war auf die Herstellung von elektrischen Maschinen, Turbinen und elektrischen Ausrüstungen von Lokomotiven spezialisiert. Zu den Innovationen gehören die erste thermoelektrische Lok und das erste Wechselstrom-Wärmekraftwerk Europas.
Das Biotechnologie- und Pharmaunternehmen Novartis ist 1996 entstanden – in diesem Jahr schlossen sich die Basler Firmen Ciba-Geigy und Sandoz zusammen. Die Geschichte des Konzerns geht aber bis ins 18. und 19. Jahrhundert zurück. Einige der später in der Firma aufgegangenen Unternehmen beschäftigten sich damals mit der Produktion von Farben.
Mittlerweile gehört Novartis mit einem Jahresumsatz von knapp 50 Milliarden Dollar zu den größten Pharmafirmen der Welt. Zu den umsatzträchtigsten Arzneimitteln des Konzerns gehören Cosentyx (Psoriasis), Gilenya (Multiple Sklerose) und Entresto (Herzinsuffizienz).
Auch bei Roche, eigentlich F. Hoffmann-La Roche, handelt es sich um einen Pharmakonzern. Beim Jahresumsatz liegt Roche mit 65 Milliarden Dollar deutlich vor Novartis – und gehört damit zu den Top-3-Pharmaunternehmen der Welt.
Aber wenn es um die größten Schweizer Unternehmen nach der Zahl der Mitarbeiter geht, muss sich Roche hinter dem Basler Konkurrenten anstellen. In den Jahren seit der Gründung 1895 machte sich Roche als Hersteller von synthetisch erzeugtem Vitamin C, Valium sowie Mitteln gegen Tuberkulose und HIV.
Mancher kennt den börsennotierten Warenprüfkonzern SGS noch unter seinem früheren Namen Société Générale des Surveillance. Das 1878 gegründete Unternehmen mit Sitz in Genf bietet Dienstleistungen wie Tests, Zertifizierungen und Verifizierungen. Den Beginn machte die Inspektion von Getreidelieferungen.
Erst Mitte des 20. Jahrhunderts begann die SGS mit der Diversifizierung. Das Aufgabenfeld der Prüfanstalt erstreckt sich heute über mehrere verschiedene Branchen hinweg, darunter Landwirtschaft, den Automobilsektor sowie die Felder Öl und Kohle oder den Wirtschaftsbereich.
Der 1890 in Bremen gegründete Konzern Kühne + Nagel International ist im Bereich Transport und Logistik tätig. Im Zweiten Weltkrieg kam dem Unternehmen eine Schlüsselrolle beim Transport von geraubten Gütern deportierter jüdischer Menschen zu.
Seit 1959 betreibt das Unternehmen in Zürich/Basel eine Filiale. Gründerenkel Klaus-Michael Kühne, der aktuell mehr als die Hälfte an Kühne + Nagel hält, verlegte den Firmensitz 1976 in die Schweiz. Seit 1994 ist das Unternehmen an der Schweizer Börse SIX notiert.
Coop, 1890 als VSK – Verband Schweizerischer Konsumvereine – gegründet und 1969 in Coop umbenannt, ist eines der größten Handelsunternehmen der Schweiz. Das Unternehmen ist als Genossenschaft organisiert und hat rund 2,5 Millionen Mitglieder.
Im Coop-Verbund gibt es Supermärkte, Warenhäuser, Restaurants und Apotheken. Darüber hinaus werden Tankstellen-Shops und Unterhaltungselektronikketten betrieben. Normalerweise operiert Coop nur in der Schweiz. 2005 wurde als erstes Auslandsengagement die Transgourmet Holding gegründet, zusammen mit der deutschen Rewe-Group.
Wie Coop ist auch Migros eines der größten Handelsunternehmen der Schweiz. Mit seinen Supermärkten, gastronomischen Einrichtungen, Baumärkten und Produktionsbetrieben ist Migros in der ganzen Schweiz, Liechtenstein und Teilen Frankreichs aktiv.
Migros verfügt mit der Migros Bank über eine eigene Bank. Die zu dem Konzern gehörende Pensionskasse gehört zu den größten des Landes. Außerdem gehören zu Migros mehr als 13.000 Wohnungen. Auch Fitnessstudios, Golfanlagen und Freizeitbäder sind Teil des Konzerns.
Der Baustoffkonzern LafargeHolcim geht auf die schon 1912 gegründete Aargauische Portlandcementfabrik Holderbank-Wildegg zurück. Holcim setzt sich dabei zusammen aus Holderbank, einem Dorf im schweizerischen Kanton Aargau, und Ciments, dem französchen Wort für Zement.
Nach dem Zusammenschluss von Holcim mit dem einstigen Konkurrenten Lafarge aus Frankreich im Jahr 2015 kommt der Konzern jetzt auf einen Jahresumsatz von rund 30 Milliarden Euro. Im Ranking der größten börsennotierten Unternehmen der Welt steht LafargeHolcim laut Forbes Global 2000 des Jahres 2020 an 280. Stelle.
Im internationalen Vergleich ist die Zahl der Mitarbeiter in den größten Unternehmen in der Schweiz freilich eher gering. Das Verteidigungsministerium der USA als größter Arbeitgeber der Welt etwa hat über drei Millionen Beschäftigte.
Wie in der Schweiz und Österreich sind auch beim Nachbarn Deutschland die Einzelhandelskonzerne bei den Mitarbeiterzahlen mit ganz vorn. Das Unternehmen mit den meisten Mitarbeitern in Deutschland etwa ist der Edeka-Verbund, gefolgt von der Volkswagen AG und der Rewe Group.