Zeiten ändern sich, Dinge ändern sich, das ist quasi ein Naturgesetz. Was besteht, vergeht und Neues entsteht im immerwährenden Kreislauf des Lebens. Traditionalisten versuchten schon immer, an Bewährtem festzuhalten und konservative Geister sind bestrebt, Errungenschaften zu bewahren, fürchten teilweise aber auch Veränderungen.
All das ist nicht von Grund auf schlecht, denn schließlich gibt es im Zusammenspiel der ausgleichenden Kräfte auch immer die progressiven Geister, die stetig nach dem Neuen suchen und den Aufbruch in unbekannte Gefilde wagen. Häufig sind entsprechend gepolte Menschen in der Kunst anzutreffen, suchende Geister, tiefe Denker mit Ideen, die häufig abseits des Alltäglichen liegen.
Das Internet ist eine der größten Revolutionen in der Menschheitsgeschichte, noch nie zuvor war die ganze Welt so miteinander verknüpft, war Kommunikation so schnell, waren die Möglichkeiten für Neues so gewaltig. Die positiven wie negativen Aspekte zeigen sich der heutigen Generation sicherlich bereits in Andeutungen, den wirklichen Einfluss und die Auswirkungen der digitalen Revolution auf die Menschheit werden wohl erst kommende Generationen umfassender bewerten können.
Das Leben findet mehr und mehr online statt, das hat sich besonders ab dem Jahr 2020 deutlich gezeigt. Shopping, Kommunikation, Unterhaltung und Spiel – das Internet ist bestrebt, uns alle Wünsche zu erfüllen. Gibt ein Glücksspiel-Fan beispielsweise “Cashback Bonus” in eine Suchmaske ein, kann er in Sekundenschnellen mit zahlreichen Treffern für das kommende Spielerlebnis rechnen.
Und auch die Kunst und Kultur sind wohl endgültig im Internetzeitalter angekommen, obwohl ein Ende der Entwicklungen natürlich noch längst nicht abzusehen ist. Schauen wir einmal, was sich in letzter Zeit online auf dem Feld der Kunst getan hat.
Die Pandemie hat Künstler und auch Museen im Grunde dazu gezwungen, neue digitale Wege zu gehen. Weltweit sorgten Lockdowns dafür, dass Menschen keine Veranstaltungen mehr besuchen konnten. Das kulturelle Leben kam mit Teils furchtbaren Auswirkungen für die Beschäftigten in dieser Branche zum Erliegen. Die Kulturszene reagierte alsbald und zahlreiche unterschiedliche Aktionen fluteten den digitalen Raum und brachten den Menschen im Lockdown Trost und Ablenkung von einer bis dato ungekannten und für so manchen beängstigenden Situation.
Die Aktionen waren manchmal mehr und manchmal weniger kommerzialisiert, meist stand aber eher der Spendengedanke für das Überleben Kulturschaffender im Vordergrund als der große Profit. Natürlich war die Musikbranche an vorderster Front mit dabei, die es eh bereits verstand, sich gekonnt in Ton und Bild per Stream zu vermarkten. Sogar Festivals fanden im virtuellen Raum mit Live Konzerten statt. Auch das Theater versuchte sich per Livestream und übertrug die Inszenierungen teils ins Netz.
Die bildende Kunst betrat hier schon eher Neuland und fand dennoch Wege, ihr Publikum zu erreichen. Museen waren schließlich in der Lage, den Kunstinteressierten virtuelle Rundgänge durch Galerien und Ausstellungen zu präsentieren. Natürlich hat es diese Kunstform ungleich schwerer, denn es ist für den Betrachter kaum möglich, beispielsweise beim Betrachten der Mona Lisa digital denselben Effekt zu erleben wie in einem Museum.
Musikliebhaber haben es aufgrund ausgefeilter Ton- und Bildtechnik etwas leichter beziehungsweise mehr Erfahrung in diesem Bereich. Auch ein Konzerterlebnis ist vor dem Bildschirm nicht dasselbe wie live, hat dafür teils aber auch seine Vorteile, wenn man an schlecht beschallte Veranstaltungsorte im Bereich der Populärmusik denkt. Im Studio kann nach Herzenslust geprobt und eingestellt werden, bis das reproduzierbare Endergebnis im technischen Sinne kontrollier- und überprüfbar bereitsteht. Vor Ort kommt immer der Faktor X hinzu, nicht jeder Zuschauer kann an seinem Platz das gleiche Erlebnis haben und die Tontechnik sieht sich schwereren Aufgaben gegenüber.
Künstler gehen mit der Zeit und bieten Ihr Produkt dort an, wo es vom Publikum erlebt werden kann. Natürlich ist in dieser Hinsicht auch das Internet interessant. Nun sind Künstler selbstverständlich auch ganz normale Menschen, die mit ihrer Profession ein Einkommen erzielen müssen, um zu leben. Deswegen stellt sich auch die Frage nach der Vermarktbarkeit im Internet, was wiederum eine Wechselwirkung auf das künstlerische Endprodukt jedweder Art hat.
Die frühen Beatles-Songs waren in Ihrer Spieldauer im Bereich um zwei Minuten angesiedelt, weil es die damalige Radiolandschaft so diktierte und sich Hörgewohnheiten entsprechend anpassten. Später pendelte sich die Standarddauer eines Tracks bei drei bis vier Minuten ein. Ein schöner Vergleich, denn heute sind ähnliche, aber rückläufige Trends zu beobachten, denn durch die Verwertungsparameter bei Streaminganbietern wie Spotify gibt es eine neuerliche Verschiebung hin zu kürzeren Songs. Die spannende Frage lautet also: Wie wirkt sich die digitale Vermarktung auf die bildende Kunst aus?
Das Jahr 2017 wird als Startpunkt der ersten Non-Fungible Token, kurz NFT, bezeichnet, die nun auch außerhalb von Fachkreisen so langsam ins Bewusstsein der Massen vordringen, da in den Medien immer häufiger darüber berichtet wird. In der Vermarktung digitaler Kunst schließen die NFTs eine bisher nicht überwindbare Lücke, denn nun können digitale Dateien nicht austausch- und kopierbar als Einzelstücke oder Originale gekennzeichnet werden, womit ein Online Handel möglich wird, der dem physischen Handel ebenbürtig ist.
Ohne an dieser Stelle zu sehr ins Detail zu gehen, sei zur Funktionsweise gesagt, dass sich NFTs aus digitalen und verschlüsselten einzigartigen Zeichenketten zusammensetzen und somit zu Einzelstücken werden. Das Stichwort Blockchain ist hier der Schlüssel. NFTs lehnen sich in gewisser Weise an digitale Währungen an, dies verdeutlicht am verständlichsten den tatsächlichen materiellen Gegenwert. Dass die Technologie und der entsprechende Handel längst nicht mehr in den Kinderschuhen stecken, zeigen Kunstauktionen, bei denen NFTs zum Teil für Millionenbeträge die Besitzer wechseln.
Das Auktionshaus Christie’s veräußerte zum Beispiel das Werk “Everydays: the First 5000 Days” des Künstlers “Beeple” alias Mike Winkelmann als NFT im Wert von stolzen 69,3 Millionen Dollar. Das Bild besteht aus tausenden kleinen Einzelwerken, die man sich alle auf der Webseite des Künstlers ansehen kann. Ein Besuch der Webseite und das Anschauen der Bilder verdeutlicht sehr gut, wie Kunst inzwischen im Internet rezipiert werden kann und wie Kunstwerke auf mehreren Ebenen eine Symbiose mit dem Umfeld ihres Entstehens einschließlich des Internets eingehen können.
Abschließend ist die Eingangsfrage zu beantworten. Ja, Kunst geht online, ist sie schon, sie muss online gehen, denn sie geht immer alle Wege, die wir als Menschen auch gehen.